Hinter den Kulissen der Freilichtbühne

Hinter den Kulissen der Freilichtbühne

WIE DAS MUSICAL „EVITA“ DEN SOMMER VERZAUBERN WIRD

Das Musical „Evita“ von Andrew Lloyd Webber und Tim Rice bringt eine schillernde wie umstrittene Figur Sport Comedy und Willy Astor – beides mal ausverkauft.
auf die Bühne: Eva Perón, die sich aus einfachen Verhältnissen zur First Lady Argentiniens hocharbeitete. Verehrt von den „Descamisados“, den Hemdlosen, wurde sie von der Oberschicht gehasst. Die Inszenierung in Augsburg betont genau diese Ambivalenz. Katja Berg übernimmt die Titelrolle, Hannes Staffler verkörpert den politischen Kommentator Che, Alexander Franzen spielt Juan Perón.

Es ist ein lauer Sommertag… Gleich in der Nähe der bekannten Was- sertürme bei der Augsburger Puppenkiste betreten wir das sogenannte „Höfle“, den Backstage-Bereich und Vorhof der Freilichtbühne. Hier treffen sich Maske, Technik, Requisite, Kostüm sowie Künstlerinnen und Künstler zwischen den Proben, tauschen sich aus, ruhen sich aus, essen oder bereiten sich vor. Wir sind verabredet mit Julika Jahnke, Pressereferentin für Musiktheater und Konzert des Staatstheaters Augsburg, und Florian Mahlberg, dem Regisseur der diesjährigen Produktion „Evita“. Die Produktion läuft auf Hochtouren und das Top Magazin ist gespannt, was hinter den Kulissen der Freilichtbühne alles passiert.

Vom Maskenraum bis zu Stage – ein Rundgang auf und hinter der Bühne

Im „Höfle“ beginnt unser Rundgang. Wir erhalten einen Einblick in den nahegelegenen Maskenraum: Hier reihen sich Spiegel und Stühle aneinander – auch ein gelegentlicher Bauplan der Bühne ist zu erspähen. Sofort fällt auf, dass es ordentlich kühl ist. Jahnke erklärt: „Auf der Bühne kann es bei heißen Sommertemperaturen schnell unerträglich werden. Hier können sich die Darstellerinnen und Darsteller nach ihrem Einsatz wieder abkühlen.“

Nachdem wir den Maskenraum verlassen haben, werden wir über eine breite Treppe auf die Bühne geführt. Hier haben über 2.100 Leute Platz. Auch ein paar von der Technik-Crew sind anwesend, die mit vollem Tatendrang an der Arbeit sind. Auf der Open-Air Bühne sehen wir sofort die Kulisse, es ist eine Bühnenkonstruktion, die ein opulentes Gebäude darstellen soll – vermutlich das Präsidentenhaus. Das Bühnenbild steht unter der Leitung von Karel Spanhak, der bereits in der vergangenen Saison in Augsburg tätig war. Ungefähr drei bis fünf Wochen brauchen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Fertigstellung. „Die Fassa- den werden in der Schreinerei und den Werkstätten des Staatstheaters fertiggestellt“, verrät Mahlberg.

Diese müssten zum Schluss noch vom TÜV abgesegnet werden. Eines der essentiellsten Werkzeuge im Theater-Business ist das Licht. Jahnke erklärt, dass die LED-Technik sehr effizient sei: „Früher hatten wir Halogenlampen, jetzt sind es energiesparende LEDs. Das ermöglicht uns bei gleichzeitiger Energieeinsparung ein vielseitigeres Licht.“ Und damit kann man einiges erzeugen: Die Emotionen der Darsteller werden buchstäblich ausgeleuchtet, um menschliche Gefühle, Intimität und Distanz darzustellen, damit auch die Zuschauer in der letzten Reihe vollends in den Bann gezogen werden.

Glamour trifft Gesellschaftskritik: Regisseur Mahlberg über seine Vision

Schließlich lässt uns Regisseur Florian Mahlberg an seiner Vision für seine Inszenierung von „Evita“ teilhaben: Es ist ein politisches Stück. Die Figur des Che agiert als Erzähler und moralischer Kommentator. „Er stellt Eva Perón infrage, reißt sie immer wieder aus der Verklärung he- raus.” Mahlberg sei wichtig, dass das Publikum sich seine eigene Meinung bildet. Er zieht dabei Parallelen zum derzeitigen Rechtsruck in Europa und Deutschland. „Das Musical zeigt, wie populistische Inszenierungen und Machtmechanismen funktionieren. Das ist heute wieder hochaktuell.“ Auch in der Ausstattung ist diese Dualität sichtbar. Nora Johanna Gromer hat die Kostüme entworfen. Eva Perón wird durch ihre Kleidung zur glamourösen Ikone mit edlen Stoffen und präzisem Schnitt, aber auch ihre persönliche, berüchtigte Entwicklung wird da- durch dargestellt. Ihre Anhänger tragen hingegen uniforme Hemden – ein Hinweis auf die Masseninszenierung ihrer Bewegung. All das wird im 50-er Jahre Stil aufbereitet.

Katakomben, Künstlerproben und Kraftakte

Als wir die Stage in die entgegengesetzte Richtung verlassen, führen uns ein paar Stufen zur Unterseite der Bühne: den Katakomben. Die unterirdischen Durchgänge erinnern an ein Versteckspiel. Der Nutzen dahinter dient jedoch den Künstlerinnen und Künstler, die so schnell auf die andere Seite wechseln können. Auch verschiedene Produktionsprozesse werden von hier aus gesteuert. Als wir schließlich wieder das Tageslicht erblicken, verrät uns Mahlberg, wie die Proben ablaufen. „Die Zusammenarbeit mit Solistinnen und Solisten, Ballett-Ensemble, Chor und dem Musical-Ensemble, also insgesamt über 60 Mitwirkende auf der Bühne, ist recht komplex. Sie proben zunächst jeweils getrennt, kommen aber später für Durchläufe, auch mit dem Orchester, zusammen. Die Generalprobe am 20. Juni ist definitiv nicht das erste Mal, dass sie aufeinandertreffen“, schmunzelt Mahlberg. Die Produktion ist groß besetzt und laut Jahnke deutschlandweit die erste Aufführung von „Evita” mit der neuen, erweiterten Orchesterfassung. Das verspricht satte und zugleich differenzierte Sounds. Wir sehen uns weiter um. Während unseres Besuchs werkeln oben auf der Bühne Techniker an Scheinwerfern, unten sortiert jemand Requisiten. „Im Moment arbeiten sehr viele Gewerke des Hauses gleichzeitig an dem Stück”, kommentiert Jahnke.

Abschied auf Zeit: Die Bühne macht sich bereit für ihr Comeback

Unser Rundgang lässt schon an vielen Stellen ahnen, dass hier inzwischen ordentlich Sanierungsbedarf ist. Es ist das vorletzte Jahr vor dem Umbau. Die Bühne, 1929 eröffnet, ist in die Jahre gekommen, wie auch Staatsintendant André Bücker betont: „Ich halte den Zustand der Räume und des Gebäudes zwar für ungefährlich, aber es muss einfach gemacht werden. Die Freilichtbühne ist über hundert Jahre alt und man hat gewusst, dass man das in Stand setzen muss. Die Dinge fangen an zu bröckeln!“ Neben der Erneuerung der Entwässerung und der Infrastruktur werde auch die Tribüne saniert. 2027 bleibt die Bühne deshalb geschlossen, 2028 soll sie pünktlich zum 100-jährigen Jubiläum wieder eröffnet werden.

Wir waren für Sie bei der Premiere am 21. Juni mit dabei. Mehr dazu lesen Sie hier!

Geschichte der Freilichtbühne: 

1928: Erste Freilichtspiele vor St. Ulrich und Afra 1929: Umbau zum festen Theaterstandort
1936: Richard Strauss dirigiert „Elektra“
1946: Wiederaufnahme nach dem Zweiten Weltkrieg 2009: 80 Jahre Freilichtbühne – Beethovens „Fidelio“ 2025: Musical-Highlight „Evita“ von Florian Mahlberg 2027: Sanierungsjahr (keine Spielzeit)
2028: Wiedereröffnung zum 100-jährigen Jubiläum

 

Evita auf der Freilichtbühne Augsburg

Vorstellungen: 21. Juni (Premiere) bis 1. August 2025
Ort: Freilichtbühne am Roten Tor, Augsburg
Uhrzeit: 20:30 Uhr
Dauer: 2 Stunden 30 Minuten inkl. einer Pause
Tickets: www.staatstheater-augsburg.de oder an der Theaterkasse
ÖPNV: Straßenbahnlinien 2, 3, 6 oder Buslinie 35 bis „Rotes Tor“
Wetterinfo: www.staatstheater-augsburg.de oder telefonisch ab 18:30 Uhr: 0821 324 1984/-85/-86
Eventuell Mitbringen: Wetterfeste Kleidung, Regencape, Mückenspray, Decke, Sitzkissen
Extras: Vor Ort erhältlich: faltbares Kissen mit Staatstheater-Ananas, Getränke, Snacks

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