Frauen im Chefsessel: Dr. med. Susanne Rost Entschlossen und fokussiert

In dieser Reihe stellen wir Ihnen in einem Interview mit Trainerin und Coach Gertrud Hansel, Inhaberin der Schule für Unternehmer in Augsburg, Frauen vor, die den Weg in eine Führungsrolle gewagt haben und damit erfolgreich sind. Diesmal sprechen wir mit Dr. med. Susanne Rost, die seit fünf Jahren das Staatliche Gesundheitsamt des Landkreises Augsburg leitet. Zuvor hat die Fachärztin für öffentliches Gesundheitswesen für das Helmholtz-Institut an einer großen Bevölkerungsstudie in den Räumen des Universitätsklinikums in Augsburg gearbeitet. Zu der Zeit hat sie zusätzlich Public Health studiert. Im Jahr 2018 hat die heute 50-Jährige zum Landratsamt gewechselt und dort zwei Jahre später die Führungsrolle übernommen: eine intensive, herausfordernde Zeit gleich zu Beginn der Corona-Pandemie. Doch die Mutter von inzwischen vier erwachsenen Kindern, die sehr gerne in den Stauden wohnt, ließ sich davon nicht unterkriegen. Sie suchte nach neuen pragmatischen Lösungen: klar, entschlossen und entscheidungsfreudig.
Gertrud Hansel: Frau Dr. Rost, Sie leiten das Gesundheitsamt des Landkreises Augsburg – eine verantwortungsvolle Aufgabe! Können Sie uns einen Einblick geben, wie groß Ihr Team ist und wie sich Ihr Amt strukturiert?
Dr. Susanne Rost: Im Moment haben wir rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es gibt ein Team für Hygiene, Infektionsschutz und Umweltmedizin. Dazu ein Team für Kinder- und Jugendgesundheit, das mitunter die Schuleingangsuntersuchungen vornimmt. Zusätzlich führt ein Team die Schwangerenberatung durch und hält unter anderem Angebote für Prävention und Gesundheitsförderung vor. Und zu guter Letzt ist ein Team mit dem rechtlichen Vollzug der Gesetze, für die wir zuständig sind, befasst und erlässt hier zum Beispiel Bescheide gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern.
Gertrud Hansel: Wie lange sind Sie bereits in dieser Position tätig und welche bedeutenden Veränderungen haben Sie in dieser Zeit erlebt?
Dr. Susanne Rost: In der Leitungsposi- tion bin ich seit fünf Jahren, genau seit Mai 2020. Da hat gerade die Corona-Pandemie angefangen. Das war natürlich eine sehr intensive, herausfordernde Zeit. Die Pandemie war aber auch die Initialzündung für einen Veränderungsprozess im Gesundheitsamt. Alle Strukturen und Prozesse wurden hinterfragt und gegebenenfalls angepasst. Viele Abläufe wurden digitalisiert. Es hat sich seither tatsächlich viel geändert.
Gertrud Hansel: Gibt es bestimmte Themen, die Ihnen besonders am Herzen liegen und für die Sie sich mit Leidenschaft einsetzen?
Dr. Susanne Rost: Wir haben im Gesundheitsamt sehr vielfältige Aufgaben, die uns täglich herausfordern. Wichtig sind sie alle, da es um das zentrale Thema des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung geht. Ein besonderes Anliegen, welches in der Vergangenheit eher vernachlässigt wurde, ist mir die Prävention und Gesundheitsförderung. Mein Ziel ist es, das gesundheitsbezogene Wissen in der Bevölkerung zu verbessern und den Bürgerinnen und Bürgern damit ein bisschen mehr Verantwortung für die Gesundheit in die Hände zu geben. Die Gesundheitskosten in den modernen Gesellschaften sind enorm gestiegen. Deshalb halte ich es für wichtig, den Bürgerinnen und Bürgern die richtigen Informationen an die Hand zu geben, um gesundheitsbewusste Entscheidungen zu treffen.
Gertrud Hansel: Was macht Ihr Amt besonders bemerkenswert und gibt es Aspekte Ihres Hauses, die besonders gelobt werden?
Dr. Susanne Rost: Wir haben schon zu Coronazeiten den Fokus daraufgelegt, Abläufe frühzeitig zu digitalisieren. Dadurch wurde Arbeitszeit frei, die wir wieder reinvestieren konnten. Das hat uns viele Vorteile gebracht und hilft uns weiterhin, alle unsere Aufgaben zeitnah erfüllen zu können und weniger in Zeitdruck zu geraten. Besonders hervorheben möchte ich auch die guten und motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ohne die es so nicht gelaufen wäre und laufen würde. Die Eigeninitiative ist anhaltend hoch. Sie wollen Projekte umsetzen und Aufgaben erfüllen. Als Leitung reicht es oft, zusammen mit der jeweiligen Teamleitung die Richtung und die Rahmenbedingungen vorzugeben. Darüber hinaus sind die Vernetzung und Zusammenarbeit mit den anderen Fachbereichen im Landratsamt sehr positiv. Wir haben viele Schnittstellen, insbesondere mit dem Jugendamt, dem Schulamt, dem Ordnungsamt und auch der IT-Abteilung. Es ist nicht selbstverständlich, dass wir so unkompliziert und zeitnah unsere Anliegen besprechen können.
Gertrud Hansel: Welche Faktoren sind Ihrer Meinung nach entscheidend für den langfristigen Erfolg einer Institution wie Ihrer?
Dr. Susanne Rost: Bei dieser Frage musste ich erst etwas nachdenken. Es ist ungewöhnlich, bei einer staatlichen Behörde von Erfolg zu sprechen. Bei uns ist Erfolg anders definiert als in der freien Wirtschaft. Erfolgreich sind wir, wenn wir unsere gesetzlich vorgegebenen Überwachungs- und Beratungsaufgaben lückenlos erfüllen. Aber auch, wenn die Bürgerinnen und Bürger mit unseren Leistungen zufrieden sind. Auch die Mitarbeiterführung erfordert im öffentlichen Dienst manchmal eine andere Herangehensweise als in der freien Wirtschaft. Gleich wichtig ist in beiden Bereichen, die Arbeitsbedingungen so zu schaffen, dass die Mitarbeitenden die Anforderungen gut erfüllen können. Und die Motivation muss hochgehalten werden. Die Möglichkeiten, dies über Gehaltsanpassungen zu regeln, sind sehr begrenzt in Ämtern. Da müssen wir uns andere Dinge einfallen lassen.
Gertrud Hansel: Führungspositionen in Ämtern sind nach wie vor häufig männlich geführt. Als Frau in dieser Position haben Sie Vorbildcharakter. Welche Erfahrungen und Erkenntnisse können Sie anderen Frauen mit auf den Weg geben, die eine ähnliche Leitungsrolle anstreben?
Dr. Susanne Rost: Ich habe den Eindruck, dass sich in den letzten Jahren schon viel geändert hat. Im öffentlichen Gesundheitsdienst gibt es inzwischen relativ viele Frauen in Führungspositionen. Wichtig finde ich, dass sich Frauen die Führungsrolle zutrauen. Man sollte keine Angst vor der Verantwortung haben. Und Fehler werden immer passieren, daraus lernt man und wird besser und sicherer. Man muss mutig sein und entscheidungsfreudig!
Gertrud Hansel: Gute Mitarbeiter sind das Herzstück jeder Organisation. Wie gelingt es Ihnen, Ihr Team zu motivieren und engagierte Fachkräfte zu gewinnen, die mit Ihnen gemeinsam an einem Strang ziehen?
Dr. Susanne Rost: Wir haben ein relativ junges und sehr engagiertes Team. Darüber bin ich sehr glücklich. Durch die Corona-Pandemie hatte es viele Wechsel gegeben. Die Motivation kommt bei vielen schon einfach durch die Persönlichkeitsstruktur. Ich versuche aber auch, zusammen mit den Teamleitungen herauszufinden, wo die speziellen Interessen und Talente der Mitarbeiter liegen, um ihnen dann die Möglichkeit zu geben, sich in diesen Bereichen einzubringen und weiterzuentwickeln. Wir haben intern Vision-Building-Seminare durchgeführt, um individuelle und gemeinsame Ziele herauszuarbeiten und zu benennen.
Gertrud Hansel: Sie haben es geschafft, Familie und Karriere miteinander zu vereinen – und das mit vier Kindern! Wie haben Sie diese Herausforderung gemeistert?
Dr. Susanne Rost: Ich hatte viel familiäre Unterstützung und habe zugleich nie den beruflichen Fokus verloren. Kinder und Beruf mussten immer gleichzeitig laufen. Ich hatte meine Kinder auch schon in relativ jungem Alter. Sie waren schon aus dem Gröbsten raus, als ich die erste Leitungsposition angetreten bin.
Gertrud Hansel: Als Business Coach interessiert mich besonders: Haben Sie ein Erfolgsrezept, das Ihnen dabei geholfen hat, Ihre Karriere so zielgerichtet zu gestalten?
Dr. Susanne Rost: Ehrlich gesagt war meine Karriere nicht zielgerichtet. Ich habe immer gemacht, was ich interessant fand und was mir Spaß gemacht hat. Die Leitungspositionen haben sich dann irgendwann ergeben. Und eine Führungsrolle kann man auch ausführen, ohne 70 Stunden in der Woche zu arbeiten. Das sollte man sich immer vor Augen halten.
