Vintage- und Secondhand-Mode – Eine Alternative zu Fast Fashion?

Vintage- und Secondhand-Mode – Eine Alternative zu Fast Fashion?
Eine Alternative zu Fast Fashion

Die Modebranche ist im stetigen Wandel. Nicht nur die Trends ändern sich, sondern auch das Bewusstsein, das mit dem Kauf von Kleidung einhergeht. Obwohl das Interesse an nachhaltigem Konsum wächst, dominiert Fast Fashion weiterhin den globalen Markt. Das Geschäftsmodell beruht auf schneller, kostengünstiger Produktion kurzlebiger Trends, die oft minderer Qualität sind und exzessiven Konsum begünstigen. Während die Kritik an diesem Modell immer lauter wird, setzen viele Städte auf nachhaltige Alternativen. In den letzten Jahren hat sich auch in Augsburg eine lebendige Vintage- und Secondhand-Szene entwickelt, die umweltfreundliche Konzepte verfolgt und innovative Geschäftsmodelle etabliert. Unsere Redakteurin Hannah Landsbeck hat sich umgesehen.

Kurz erklärt

Fast Fashion bezeichnet die schnelle und kostengünstige Produktion von Mode, die Trends in kürzester Zeit von den Laufstegen in die Läden bringt. Diese Produkte sind oft von minderer Qualität, haben eine kurze Lebensdauer und fördern übermäßigen Konsum.
Slow Fashion ist ein Konzept in der Modebranche, das auf bewusstes, nachhaltiges und qualitativ hochwertiges Produzieren und Konsumieren von Kleidung abzielt.
Vintage Kleidung umfasst Kleidungsstücke und Accessoires aus vergangenen Jahrzehnten (meist mindestens 20 Jahre alt), die wegen ihres Stils, ihrer Qualität oder ihrer historischen Bedeutung geschätzt werden.
Secondhand bezeichnet den Wiederverkauf von gebrauchten Waren, einschließlich Kleidung. Dabei steht weniger der historische oder stilistische Wert im Vordergrund als die Wiederverwendung und Ressourcenschonung.
Nachhaltigkeit in der Mode bedeutet, Ressourcen verantwortungsvoll zu nutzen, Umweltbelastungen zu minimieren und soziale sowie ethische Standards einzuhalten, um langfristige Auswirkungen auf die Umwelt und Gesellschaft zu reduzieren.
Mindful Shopping beschreibt einen bewussten und reflektierten Konsumansatz. Dabei wird Wert auf Qualität, Langlebigkeit und ethische Produktion gelegt, um unnötige Käufe zu vermeiden und eine nachhaltige Lebensweise zu fördern.
Greenwashing bezeichnet eine Marketingstrategie, bei der Unternehmen versuchen, sich als umweltfreundlich oder nachhaltig darzustellen, ohne dass ihre Produkte, Produktionsprozesse oder Geschäftspraktiken tatsächlich diesen Ansprüchen gerecht werden.
Upcycling bezeichnet den Prozess, dass alte, beschädigte oder nicht mehr genutzte Kleidungsstücke oder Textilien kreativ umgestaltet und in neue, tragbare Kleidungsstücke oder Accessoires verwandelt werden. Statt die Materialien wegzuwerfen, wird ihr Wert durch Design und Handwerkskunst gesteigert.

 

Fast Fashion boomt – aber unser Bewusstsein wächst mit
Der bewusste Umgang mit Ressourcen gewinnt zunehmend an Bedeutung, und Begriffe wie „Slow Fashion“ und „Mindful Shopping“ sind längst etabliert. Trotzdem wächst der globale Fast-Fashion-Markt unaufhaltsam: Die Mode wird immer schneller produziert und verkauft, was enorme Treibhausgasemissionen und Tonnen an Textilabfällen zur Folge hat. Gleichzeitig wächst jedoch das Bewusstsein für die negativen Auswirkungen dieses Konsumverhaltens. Dieses steigende Interesse an nachhaltiger Mode spiegelt sich auch in unserer Vintage-Szene wider, die zeigt, wie man stilvoll und gleichzeitig umweltbewusst konsumieren kann. Auch in der Fuggerstadt erleben Secondhand- und Vintage-Läden derzeit einen Aufschwung. Die lokalen Shops setzen auf ein Konzept des bewussten Konsums, das Kunden dazu ermutigt, ihre Kaufentscheidungen zu überdenken. „Es geht vor allem darum, alte, hochwertige Kleidungsstücke neu zu entdecken und deren Wert kennenzulernen“, betonen Marius und David, die Gründer von Retroarea am Philippine-Welser-Platz. Diese Herangehensweise motiviert Menschen dazu, nachhaltigere Entscheidungen zu treffen, ohne sich unter Druck gesetzt zu fühlen. Ein ähnliches Konzept verfolgen Niklas und Raffael von
Regardez Vintage in der Annastraße. Neben einer breiten Auswahl an Vintage- und Secondhand-Kleidung bietet ihr Laden einen Ort der Begegnung. „Unsere Kunden können hier verweilen, Karten spielen oder einen Kaffee genießen. Regelmäßige Events wie DJ-Abende stärken die Community und machen den Laden zu einem kulturellen Treffpunkt“, so die Inhaber.

Nachhaltig scheinen oder nachhaltig sein?
Viele Modeunternehmen nutzen Nachhaltigkeit inzwischen als Marketingstrategie, ohne wirkliche Veränderungen vorzunehmen – ein Phänomen, das als „Greenwashing” bekannt ist. Retroarea positioniert sich bewusst gegen diesen Trend: „Wir möchten in Augsburg eine echte Veränderung bewirken, statt nur nachhaltige Werte zur Schau zu stellen“, so die Geschäftsführer. Die Wiederverwertbarkeit von Kleidungsstücken steht hier im Mittelpunkt, ohne dabei die eigene Reputation künstlich aufzuwerten. Auch Regardez Vintage setzt neben individueller Kleidung auf konkrete Maßnahmen. In Zusammenarbeit mit „Plant for the Planet“ wurden bislang fast 10.000 Bäume gepflanzt. Diese Initiative zeigt, dass nachhaltige Mode mit aktivem Umweltschutz einhergehen kann. Ein weiteres Beispiel ist der Secondhand-Shop Vinty’s am Oberen Graben. Der von der „aktion hoffnung“ gegründete Laden existiert seit 1999 und kombiniert nachhaltige Mode mit sozialem Engagement. Die Einnahmen fließen in Entwicklungsprojekte, die auf globale Gerechtigkeit abzielen. Vinty’s setzt auf individuelle Kleidungsstücke und betont: „Secondhand ist nicht nur modisch mehr wert.“

Ressourcen, Reinigung und Reparatur
Marius und David von Retroarea arbeiten mit Sozialorganisationen in Bayern zusammen, um Kleidung zu beziehen, und erhalten darüber hinaus seltene Stücke von individuellen Händlern. „Zu großen Highlights zählen Bandshirts, die schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel haben und echte Sammlerstücke sind“, so die Inhaber. Außerdem wird die Kleidung vor dem Verkauf gereinigt und bei Bedarf repariert. Auch Regardez Vintage verfolgt einen ähnlichen Ansatz. Viele Kleidungsstücke stammen von Flohmärkten im In- und Ausland: „Um Verschwendung zu minimieren, werden Reparaturen entweder direkt hier bei uns im Laden oder mit Hilfe einer Hobby-Näherin durchgeführt“, erklärt Niklas. In-House-Spenden nimmt der Laden hingegen bewusst nicht an, um die Qualität und Auswahl besser kontrollieren zu können. Bei Vinty’s gestaltet sich der Umgang mit Kleidung anders. Hier stammen die Stücke aus Kleidersammlungen, Behältern und direkten Spenden im Laden. Dabei wird streng darauf geachtet, dass die gespendete Kleidung gut erhalten ist, sodass keine zusätzliche Reinigung oder Reparatur notwendig wird.

Upcycling auf dem Fashion Flohmarkt
Dass Vintage- und Secondhand Mode auch gut auf dem Flohmarkt ankommt, beweist der Betrendy Fashion Flohmarkt immer wieder aufs Neue, den wir besucht haben. Hier gab es mehrere zeitlos-nachhaltige Stände. So auch Marijas, die Vintage Stoffe verkauft und damit bereits getragene Mode verhübscht – also „upcycled“. Ihr Ziel wäre es, mit allen wertvollen Stoffen die Welt noch etwas bunter zu machen. Dass der Fashionflohmarkt ein wahrer Erfolg war, lässt sich auch an den Besucherinnen messen: „Wir hatten keine Erwartungen, aber bereits drei Taschen voll. Wir haben richtig Lust, das ganze öfter zu machen und sind schon gespannt auf nächstes Jahr”, freuen sich zwei junge Augsburgerinnen. Eine andere Besucherin kam zusammen mit ihrer Tochter wegen der günstigen Mode für Kinder: „Sie wächst so schnell aus ihren Klamotten, da möchte ich die ganzen Sachen nicht ständig neu
kaufen. Hier gibt es viele gute Möglichkeiten, alt und doch neu einzukaufen.”

Mode aus der Vergangenheit für eine nachhaltige Zukunft
Bewusster Konsum ist also möglich und findet bei den Menschen Anklang. Mit einem Fokus auf Individualität, Qualität und umweltfreundliche Praktiken wird ein Gegenpol zu den Massenprodukten der Fast-Fashion-Industrie geschaffen. Dabei geht es nicht nur um Mode, sondern auch um Gemeinschaft und kulturelle Werte. Während Fast Fashion auf Geschwindigkeit und Masse setzt, entwickeln die Augsburger Shops Alternativen, die Qualität, Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung in den Mittelpunkt stellen. In einer Stadt wie Augsburg, die auf Kultur und Umweltbewusstsein setzt, könnte Vintage-Mode langfristig eine noch größere Rolle spielen – und damit nicht nur die Modewelt, sondern auch das Konsumverhalten positiv beeinflussen.

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