Ausstellung „FeMale” Accrochage mit 20 Künstlerinnen und Künstlern in der Galerie Noah eröffnet
Bei der Ausstellungseröffnung war ganz schön was los in der Galerie Noah. Die letzte Ausstellung in diesem Jahr, die noch bis 11. Januar läuft, zeigt Bilder, Zeichnungen, Druckgrafiken, Plastiken und Skulpturen von 20 Künstlerinnen und Künstlern aus den letzten Jahren: darunter Albrecht Wilke, Elvira Bach, Georg Baselitz, Katrin Brause, Martin Eder, Marion Eichmann, Karl Horst Hödicke, Karin Kneffel, Carolin Knoth, Mehmet Kazim, Christopher Lehmpfuhl, Karin Müller-Wohlfahrt, Markus Oehlen, A.R.Penck, Claudia Rößger, Cornelia Schleime, Martin Spengler, Walter Stöhrer, Marina Schulze und Corinne von Lebusa.
Männer auf der einen Seite, im Selbstportrait, stark, aufrecht, en face; das Bildnis eines Zeitgenossen um die Ecke, er wiederum gefühlvoll, mit geschlossenen Augen, nacktem Oberkörper; gegenüber der weibliche Akt, Intimität ist das Thema, das Erfassen des Körpers in jeder Pore, mal sexualisiert, extrovertiert, mal anmutig in sich gekehrt. Dort sorgt der selbstbewusste Blick einer Berliner Göre für Aufmerksamkeit, dahingegen braucht der scheue Moment vielleiht eines Transvestiten mehr Nähe. Welches Motiv fließt aus welcher Hand, der der Frau oder der des Mannes, das soll uns hier und heute interessieren, so Wilma Sedelmeier von der Galerie Noah. Es gehe aber auch um Gleichberechtigung. „In diesen unseren Zeiten, nach Aufklärung, Emanzipation, den „Golden Twenties“, „Flower Power“, einem inzwischen Blüten treibenden Feminismus finden wir uns wieder in einer, ich will fast meinen Geschlechts-neutralen Gesellschaft.“ Andere Kulturen, Altersgruppen, Geschlechter – dieses große ‚Wir sind doch alle Menschen‘. Doch selbst Baselitz spreche, ich zitiere Georg Reinhardt, „dem weiblichen Körper eine spirituelle Existenz“ zu, die „die Frau zum Sinnbild für die Anverwandlung der Seele macht“. (Georg Reinhardt, Museumskatalog, „Georg Baselitz – Druckgrafik 1989-1998“, Essen, 1998)
Zurück zur Frau der Frau im Bild. Elvira Bach, Berliner Malerin inzwischen zigtausender vermeintlich klischeehafter Frauen, das seit den siebziger Jahren. Margarethe Jochimsen urteilt: „Diese (ihre) Stillleben sind Ansammlungen jener Utensilien und Accessoires, derer sie als Frau tagtäglich bedurfte und über die sich zu definieren ihr sichtloch Freude machte: Lippenstifte, Puderdose, Zigaretten, etc. … .“ (Margarethe Jochimsen, Museumskatalog, Retrospektive „Elvira Bach“, Mannheim/Wilhelmshaven/Graz, 1990/1991) Bach ist ungeschlagen das künstlerische Zugpferd der Emanzipation in den deutschdeutschen 1980er Jahren; sie hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Frauen mit tiefem Dekolleté und Makeup sehr wohl ihren erfolgreichen Mann stehen können. Ähnlich Marion Eichmann aus Berlin, mindestens eine Generation jünger; sie, zwar der Post-Pop-Art verschrieben, schenkt uns einen, ihren Spitzen-BH aus Papier, einen filigranen Scherenschnitt hinter Glas – mit ihrem Konterfei daneben -, ganz selbstverständlich, als eine Art modernes Hoheitszeichen. Karin Kneffel, weltbekannt für ihre spooky Interieurs, foto- bis hyperrealistisch, die zunächst harmonisch, dann aber doch in die unheimliche Irre führen. Perfekt. Und mit eben diesem Perfektionismus nimmt die Düsseldorferin, die berühmte Meisterschülerin von Gerhard Richter, die Rolle von Mutter und Kind unter die Lupe, in Form stilisierter, spätgotischer Madonnen, fein in Öl auf Leinwand. Der Vater, Joseph, kommt nicht vor.
Conny Schleime, rotzig-punkige Künstlerin aus Ost-Berlin, inzwischen über 70 Jahre, spielt seit jeher mit den Rollen, deren Fassade, mit Maskierung. Ganz anders Markus Oehlen, einst legendärer Professor an der Akademie der Bildenden Künste München. Er konzipiert, berechnet, projiziert seine Kompositionen auf Leinwand, surreale Überlagerungen, abstrakt-figurative Gebilde, lässt emotionale Verstrickungen, Gefühlsduseleien rational entstehen. Im Kuppelsaal traf man an diesem Abend auch auf einstürzende Neubauten, Wolkenkratzer, in Pappmaché an der Wand oder im Raum – ein Phallus-Symbol? Womöglich, Danke an Martin Spengler aus München. Wir werden zudem von den dick pastosen Landschaften von Christopher Lehmpfuhl aus Berlin erschlagen, der eigens mit seinen Händen mannsgewaltig die Farbe aus dem Kübel auf Leinwand packt, plein air, draußen, bei Hitze oder Kälte, in der Natur. Sein aufragendes Gebirge – ein Monument der Männlichkeit? Vielleicht. Dass Frauen in der Bildenden Kunst Jahrhunderte lang in der absoluten Unterzahl waren, teils wie absorbiert galten, überhaupt nicht auftauchten, ist allseits bekannt. „Artemisa Gentileschi, Angelika Kaufmann, Paula Modersohn-Becker, Gabriele Münter sind eine der ganz wenigen prominenten weiblichen Vertreterinnen. Heute, Gott sei Dank, sind wir dabei, das zu ändern. Obwohl die Männer immer noch den internationalen Kunstmarkt dominieren, der prozentuale Anteil an Künstlerinnen in Museen auf (erst) 11 Prozent angestiegen ist, sich innerhalb der letzten fünf Jahre immerhin doch verdoppelt hat, ist Frau heute gut dran: Vorzugsweise dürfen Frauen, neben queeren Menschen und Schwarzen, „Persons of Color“, im Jahr 2025 in die ganz großen Museen.“









